In den vergangenen Wochen und Monaten erreichen uns vermehrt Anfragen nach Inhouse-Weiterbildungen mit dem Anliegen: wie können wir unser System als Lernendes System verbessern.
Da ist die Personalentwicklung einer Bankenorganisation, der sich nach Weiterbildungsbedarfsanalysen nun Fragen von Rolle und Rollenmanagement in Vertriebsbereichen stellen, welche diese professionalisieren möchten. In einem mittelständischen Betrieb soll in einem neuen Führungskräfte-Curriculum als zentrale Qualifizierung ein gemeinsames Führungsverständnis zwischen Holding und Regionen entstehen. Von „Verständnis vermitteln“ wird nicht gesprochen. Dennoch hat man vor, alle der mehr als 20 oberen Führungskräfte durch ein kluges, didaktisch zeitgemäß-anspruchsvolles Programm zu schicken. Eine Gruppe Leanberater im Automotive-Bereich will gemeinsam ihre Arbeit und Wirksamkeit verbessern und sich als Leistungsteam entwickeln, sich positionieren und (noch) mehr voneinander lernen. In einer Wirtschaftskanzlei geht es um die Frage von Lern- und Entwicklungswegen jüngerer KollegInnen im Rahmen eines Talentprogrammes und des Lernens entlang großer Mandatsprojekte. Eine Produktionssystem-Unit fragt sich, wie sie ihre Arbeit der kontinuierlichen Verbesserung noch verbessern kann, indem gemeinsame Lernprozesse mit internen Kunden essentieller Bestandteil jedes Projektes werden.
Diese Anfragen zeigen uns das große Potenzial von Innovationen beim Thema Lernen und Corporate Learning. Hier wird aufs Neue die Funktion und Verantwortung von PE deutlich und die Chance, die sie ergreifen kann: sich mit modernen und innovativen Lernformen, der Regiekompetenz für Lernen und der Integration von PE und OE zu positionieren!
Zwei konkrete Beispiele: Unter der Regie der PE wird Talentmanagement in Form hierarchieübergreifender Passungs- und Potenzialdialoge einmal ganz anders umgesetzt. Der Talentprozess selbst wird zum Lernprozess mit den beteiligten Akteuren und ist zudem kulturbildend. Oder: in Teams werden gemeinsam in einem geführten Prozess finanzielle Incentives untereinander verteilt und mit einem gegenseitigen Feedbackprozess verbunden, die PE entwickelt hierfür das Design.
Zu all den Unternehmensbeispielen denkt man zunächst im Rahmen klassischer Bildungsmaßnahmen: Seminare für ausgesuchte Einzelne und der (meist den Teilnehmern überlassene) Transfer in die Unternehmenspraxis. Das ist der naheliegende Schritt. Das nächste Level: eine ausgefeilte Didaktik für die bereits mitgedachte Integration der Unternehmensrealitäten. Für fragmentarisches, hochwertiges Lernen am Beispiel entwickelt, fördert sie eine Lernkultur, die in die Organisation getragen und multipliziert werden kann.
Ein weiterer Schritt sind System-Lern-Prozesse. Sie sollten möglichst vertikal und horizontal angelegt sein. Horizontal-lateral angelegte Lernkultur- und Lernprozesse sind schon Herausforderung genug, doch sollten sie möglichst auch vertikal gedacht und umgesetzt werden, d.h. entlang der vertikalen Leistungskette und in der vertikalen Leistungsgemeinschaft. Im genannten Beispiel des Führungskräfte-Curriculums kann es beispielsweise bedeuten, dass man zunächst im Kleinen mit wenigen Führungskräften aus Holding und Regionen arbeitet und gemeinsam an Beispielen und Projekten studiert, wie eine hochwertige Führungs- und Verantwortungsgemeinschaft aussehen kann. Gelingt das, kann man über Multiplikation nachdenken. Hier plädieren wir wiederholt für unser Lernkultur-Konzept, dass diejenigen zusammen lernen, die auch tatsächlich zusammen leisten, idealerweise sind sie schon bei der Konzepterstellung zu integrieren.
Dafür sollte jede Lernform und jedes Lernformat auf (einfache) Multiplikation angelegt sein. Es helfen insbesondere design-orientierte, drehbuchgesteuerte und videomediale (und damit auch digitale) Multiplikationsformate und Formate kollegialer Beratung und kollegialen Lernens (auch hier: virtuell möglich, wenn die Kultur entwickelt und reif ist).
Unser Bild: Trojanische Pferde. Von Beispielen und Ad hoc-Events zu Programmen und einer PE-Programmatik für Lernen und Lernkultur in der Organisation. Culture first, content second! Viel zu schnell wird in Inhalten statt in Kultur gedacht. Die erforderliche Regie- und Kulturkompetenz kann (und muss) PE für sich in Anspruch nehmen, wenn sie einen strategischen Part erhalten will. Dann erst kommt Lernen im Getriebe der Organisation an und erweitert und entwickelt sich über Individuallernprozesse hin zu System-Lernen!